Artikel zur kommunalen Hotelansiedlung: „Städte suchen echte Treffpunkte“

27. Februar 2025 | Blog

Für kleinere Städte erfüllen Hotelbetriebe wichtige Aufgaben als Teil der örtlichen Infrastruktur. Wie Kommunen und Betreiber zusammenkommen, erklären Tina Froböse, Managing Partner von Select Hotel Consulting, und Uwe Mantik, Senior Advisor bei der Kommunalberatung Cima.

 

Allein im Jahr 2023 sind laut Bulwiengesa rund 13.000 neue Hotelzimmer in Deutschlandentstanden, ein Teil von ihnen auch in Mittel- und Kleinstädten. Große Betreibergesellschaften haben ihre Deutschlandkarte in den vergangenen Jahren systematisch um Klein- und Mittelstädte erweitert. Dies ist Folge der dezentralen Strukturen in Deutschland mit vielen wirtschaftlich starken Regionen und kleineren Städten in der Fläche. Ebenso müssen große Hotelmarken wachsen, auch um im globalen Verdrängungswettbewerb zu bestehen. Gerade in Zeiten massiv steigender Betriebskosten und sinkender Margen stehen nicht nur operative Exzellenz und Digitalisierung, sondern auch Skaleneffekte und Zentralisierung im Mittelpunkt der Betrachtung, die über ein gezieltes Wachstum erreicht werden sollen.

 

Nicht jede Gemeinde bekommt ihr Wunschhotel

 

In den Metropolen herrscht in guten Innenstadtlagen ein Verdrängungswettbewerb zwischen den Immobilienarten: Büros rentieren sich je nach Lage- und Objektqualität mehr als Hotels, mehr Wohnungen sollen in den Innenstädten einen Nutzungsmix herbeiführen. Hotelgesellschaften haben daher die Kommunen rund um die Großstädte ebenso wie beliebte Feriendestinationen schon seit einigen Jahren für sich entdeckt. Die Ketten setzen dort auf die sinkende Zahl an privat geführten Hotels, da häufig die Nachfolge fehlt. Das heißt aber noch nicht, dass jede Kommune jedes gewünschte Hotel bekommt – viele Städte machen sich hierbei mitunter Illusionen.

Es gibt weiterhin viel Unkenntnis in der Kommunalpolitik hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedürfnisse von Hotelbetreibern. Zwei bis drei Großveranstaltungen pro Jahr bei entsprechend geringer Auslastung im restlichen Jahresverlauf reichen eben noch lange nicht, um einem Betreiber einen Standort schmackhaft zu machen. Gleichwohl lässt sich ein qualitativer Wandel in den vergangenen Jahren beobachten: Beratungsschwerpunkte ab 2010 konzentrierten sich vornehmlich darauf, ob Kommunen ein neues Hotel gebrauchen können.
Der Fokus hat sich aber mittlerweile hin zu qualitativen und digitalen Beherbergungskonzepten, Revitalisierung und Umnutzung von Bestand verschoben. Beliebte Feriendestinationen beschäftigen sich bereits mit dem Problem von Overtourism und setzen auf hochwertige Konzepte, um ihre Gäste besser selektieren zu können. Als Beispiele seien Baden-Baden, Füssen oder Sylt genannt. Fachliche Kompetenz gibt es hierbei weitaus häufiger in der Kommunalverwaltung als in den Parteifraktionen der Stadträte.

 

Bedarfsanalysen mit multiplen Szenarien

 

Abgesehen davon, dass es immer noch Bürgermeister gibt, die gerne ein 4- bis 5-Sterne-Hotelfür ihre Stadt gewinnen möchten, kann die Bevölkerung – wie zuletzt im oberbayerischen Schliersee geschehen – Hotelprojekte gänzlich verhindern oder auch bei der Frage der Flüchtlingsunterbringung mitreden. Jede zehnte Kommune in Nordrhein-Westfalen beispielsweise nutzt Hotels, um neu angekommene Flüchtlinge zu beherbergen. Bedarfsanalysen für Kommunen müssen also heutzutage multiple Szenarien beinhalten, um die Sinnhaftigkeit einer Neuansiedlung zu untersuchen und passende Standorte mit adäquaten Hotelkonzepten, Betreibern und Investoren zusammenzuführen. Ein wesentlicher Knackpunkt ist aktuell angesichts der gestiegenen Betriebskosten und Personalknappheit die Frage, inwiefern sich die Baukosten durch eine wirtschaftliche tragfähige Miete überhaupt abbilden lassen.

 

Professionelle Herangehensweise erhöht die Chancen

 

In der Regel liegt in den Kommunen, die Beratung suchen, bereits ein Tourismuskonzept vor. Damit sind auch Daten zu Gästeankünften, Übernachtungszahlen und Bettenauslastung vorhanden. Betreiber benötigen jedoch weitaus mehr: konkrete Grundstücke mit Angaben zur entwickelbaren Bruttogeschossfläche, neu aufzustellende Bebauungspläne oder die Bearbeitung von Zweckentfremdungssatzungen. Bei Bewertungen von Objekten und Grundstücken können Berater ebenfalls helfen, da sie unabhängig von einer Hotelmarke ein generisches Konzept für einen Standort passgenau entwickeln, um auf dieser Grundlage die am besten geeigneten Partner für ein Projekt gewinnen zu können.

Je professioneller die Vermarktungsunterlagen seitens der Kommune aufbereitet sind, desto schneller gelingt die gezielte Betreiberidentifikation. Dabei muss von Beginn an klar sein, wer diese Beratungsleistungen bezahlt. Denn viele Hoteliers treten aufgrund mangelnder Nachfolgeproaktiv an die Kommune heran, um den Hotelstandort zu bewahren. Sie sollten sich dann aber nicht in einem Finanzgerangel mit der Stadtverwaltung verlieren. Denn nicht immer haben sowohl Eigentümer als auch Kommunen ein gleich gelagertes Interesse an der Fortführung eines Hotels.

 

Welche Marken und Betreiber passen?

 

Nach erfolgter Arbeit durch die Kommune und genauer Festlegung eines Mikrostandortsbeginnt die zweite Phase der Beratungsleistung, die Investoren, Entwickler und Betreiber betrifft. Kommunen möchten praktisch immer ein vollendetes Gesamtpaket mit einem fertigen Konzept samt Betreiber und Investor. Hierfür sind hotelspezifische Kenntnisse gefragt: Welcher Franchisenehmer einer großen Hotelmarke bietet sich für einen konkreten Standort an? Wie sehen die aktuellen Bilanzen und der Track Record bzw. das Portfolio an Bestandshäusern und Neuzugänge der einzelnen Betreibergesellschaften aus? Wie sind die Pachtverträge genau zu gestalten?

Kommunen treten mitunter auch in die Rolle des Unterstützers lokaler Hoteliers. In kleineren und mittleren Kommunen stehen häufig familiengeführte Privathotels zur Disposition – allen voran aufgrund mangelnder Nachfolge. Privathoteliers sind erfahrene Geschäftsleute, aber verkaufen ihr Lebenswerk nur einmal. Aus diesem Grund ist es entscheidend, dass so ein Verkauf qualifiziert vorbereitet wird, um zunächst geeignete Käufer zu identifizieren und ihnen ein zukunftsgerichtetes Konzept zu einem marktfähigen Preis anbieten können. Demzufolge reicht es nicht, allein über einen guten persönlichen Kontakt zu verfügen, sondern es sind Win-win-Lösungen herbeizuführen. In der Praxis zeigt sich immer wieder der Nutzen eines kompetenten neutralen Dritten, der so einen Prozess moderiert.

 

Hotels fungieren als Aushängeschild der Stadt

 

Damit Betreiber und Gemeinde ins Geschäft kommen, sollten sich auch Betreiber darüber klar sein, welche Anforderungen Kommunen haben. Kleine und mittelgroße Kommunen suchen in der Regel keine bloßen Herbergen, sondern Treffpunkte. Sie identifizieren Hotels zu Recht als Aushängeschilder ihrer Stadt. Damit ist eine soziale Öffnung gegeben – beispielsweise über öffentliche Veranstaltungen im Hotel, die besondere Förderung des lokalen Arbeitsmarktes oder die Kooperation mit ortsansässigen Unternehmen. Je fester Betreibergesellschaften über ihre jeweiligen Akteure vor Ort mit der Kommune verbunden sind, desto größer ist das Wohlwollen in den Städten: von der Politik über die Verwaltung bis hin zu den Einwohnern.
Betreibergesellschaften sind gut beraten, bei ihrer Standortwahl außerhalb der Großstädte die jeweiligen Kommunen genau unter die Lupe zu nehmen. Historische Entwicklungen im lokalen Tourismussektor, die Planung neuer Konferenzen oder Events mit den dazugehörigen Veranstaltungshallen und die politische Zusammensetzung in den Stadträten sind entscheidende Indikatoren, um neue Standorte in die engere Planung zu nehmen. Ergibt sich ein Match mit den betriebswirtschaftlichen Bedürfnissen, können Berater wieder bei der Investorenidentifikation unterstützen. Denn die großen Hotelfonds haben zwar in den letzten Jahren Objekte an ausgewählten B- und C-Standorten neu ins Portfolio aufgenommen, sind jedoch gerade nur bedingt an neuen Investments interessiert.